Unglücklich in wenigen Schritten mit null Euro und ohne viele Bücher oder teure Coachings – hier erfährst du, wie es geht. Mein Freund Joey C. – eben habe ich ihn für dich erfunden – wird es uns vorführen, denn in der Kunst des Unglücklichseins sucht er seinesgleichen – ein Meister seines Fachs. Das ‘C’ in seinem Namen steht übrigens für Calamity und deshalb nennen die meisten ihn den ‘Calamity-Joe’.
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Unglücklich werden – kurze Anleitung. – Schreibrausch
Joey’s Leben – ein Jammertal.
Keine richtigen Freunde, keinen Job, kein Geld, keinen Urlaub, keine Ziele, keine Leidenschaften – Probleme über Probleme: Schlaflosigkeit, 12 Stunden im Bett und immer noch müde, Kopfschmerzen, Verspannungen. Und dann immer sein Gerede von Orgasmusschwierigkeiten – ich kann es nicht mehr hören!
Dabei ist Joey immer auf dem Trip zur Selbstfindung.
Aber lassen wir Calamity-Joe als Experten für Unglück doch mal selbst zu Wort kommen:
Na klar bin ich unglücklich.
Klar bin ich unglücklich, wie sollte es anders sein – das fängt ja schon mit dem Elternhaus an: Die Reinlichkeitserziehung – oh je – nie durfte ich pullern wann ich wollte. Der Kinderwagen – viel zu lange in der Sonne. Meine Mutter? – Immer in Hektik und später dann der Druck wegen guten Noten und gutem Benehmen.
Dann diese repressive Gesellschaft, mit der sich kein vernünftiger Mensch identifizieren mag – auf die Uni wollte ich gar nicht erst. Was man da lernen kann, dient ja doch nur den Interessen der Eliten. Und je mehr Geld ich verdient hätte, desto mehr hätte ich ja an diesen Staat abführen müssen. Weil ich das gründlich durchschaue, habe ich mich nie darauf eingelassen, denn das hätte mich doch wohl ganz und gar unglücklich gemacht..
Aber klar: Dass ich wegen diesen Umständen unter Depressionen, Schlaflosigkeit und Verspannungen leide, liegt ja auf der Hand, was kann ich denn dafür? Schließlich hab’ ich diese miese Welt nicht gemacht: Ackergifte, Kriege, Radioaktivität, Funkwellen, Chemtrails, die ewige Hektik der Konsumgesellschaft, der Impfzwang. Wer davon nicht unglücklich wird, der muss dumm wie ein Dachziegel sein oder ein Gemüt haben, wie ein Fleischerhund – oder etwa nicht? Gänzlich unverständlich ist mir, wie es manchen Menschen sogar einfällt, Kinder in die Welt zu setzen – in diese Dreckswelt. Man gebiert doch nur Unglückliche.
Aber natürlich werde ich aktiv! 200 Selbsthilfebücher, das Neuste heißt “Am Feuer der Schamanin” habe ich schon durchgearbeitet. Letzte Woche habe ich drei Petitionen unterzeichnet und jetzt habe ich angefangen, mich mit Homöopathie zu beschäftigen. 17 verschiedene homöopathische Mittel nehme ich schon nach einem System, das ich ständig nach meinen Befindlichkeiten, aber auch nach dem Mondkalender modifiziere. Dabei die richtigen Entscheidungen zu treffen, beschäftigt mich jeden Tag ein paar Stunden – eigentlich sogar dauernd. Aber ich mache große Fortschritte. Immer besser begreife ich, wie alle meine Probleme durch die Erziehung und durch die Gesellschaft verursacht werden.
O – Ton Johnny C.
Da brennt mir so einiges auf den Lippen.
Wenn ich dem unglücklichen Johnny so zuhöre, dann brennen mir immer ein paar Worte auf der Zunge. Sie gebärden sich wie ungeduldige kleine Pantoffeltierchen, lärmen, stauen sich und wollen irgendwo raus. Jede Öffnung würden sie nehmen. aber ich kneife sogar die Arschbacken zusammen, halte mir auch die Nase zu und lasse sie nicht – schon gar nicht über meine Lippen. Früher hab’ ich sie auch rausgelassen. Mittlerweile halte ich mich an das alte Persische Sprichwort, das da lautet:
Wenn dir ein Wort auf der Zunge brennt, dann lass es brennen
Persische Weisheit
Gute Ratschläge? – Zwecklos.
Raus kämen dann Sätze im Stil von: Hey Johnny, wenn du nachts so schlecht schläfst, warum versuchst Du es nicht mit ein bisschen Sport und warum liegst Du immer bis 11 im Bett?
Und, wenn Du Sorge um die Umwelt hast, warum engagierst Du dich nicht in einer Umweltschutzorganisation? – Die suchen doch immer noch Ehrenamtliche.
Wenn dich deine Orgasmusschwierigkeiten plagen, wie wärs denn mal mit ‘ner Partnerschaft statt immer nur alleine zu praktizieren – das kann ja auch wirklich langweilig werden.
Aber das hat keinen Zweck. Johnny will nämlich unglücklich bleiben und damit beweisen, dass seine Eltern schuld sind. In der tiefsten Jauchegrube würde er sich mit seinem Unglück einrichten, auch wenn ihm die Brühe schon bis zum Hals steht.
Joe’s heimliches Mantra: Es darf nicht besser werden.
Und das hat einen einzigen schlichten Grund: Johnny hat nicht den Mut und die Kraft, die Verantwortung für sein Leben, für seine Gefühle und für seine Entwicklung zu übernehmen.
Denn dann wäre es ja an ihm, sein Selbstbild als ‘Opfer’ in Frage zu stellen und das scheut er mehr als jede Jauchegrube – mehr als den Tod. Es ist sein Ego, dass er mit Zähnen und Klauen verteidigt, sein Code of Conduct, sein Betriebssystem, seine Daseinsform.
Andernfalls müsste er ja den Arsch hoch kriegen.
Er müsste ja den Arsch hochkriegen, seine Lebenspraxis ändern. Er aber denkt ‘warum ich?’ und blinzelt müde in die Flimmerkiste. Und was sieht er da? All die Politiker und die sind ja schließlich auch Schuld. Und natürlich: Auf YouTube findet er überall Bestätigung.
Der Status als unglückliches Opfer ist viel bequemer.
Bei uns im Rheinland gibt es eine Redensart: ‘Jeder Jeck is anders’. Das denke ich mir, wenn die Pantoffeltierchen in meinem Mund randalieren. Außerdem hab’ ich den Johnny ja gerade selbst erfunden – soll er doch machen, was er will.
Schon gemerkt? Es geht hier ums Charakterisieren.
Wenn du zur schreibenden Zunft gehörst, hast du schon gemerkt, dass es sich hier um einen Artikel zum Thema Charakterisierung handelt und glaub’ mir, den Johnny habe ich in 10 Minuten erfunden. Zum einen weil in den meisten von uns ein bisschen Johnny steckt, zum anderen weil ich ‘Clustering’ als eine Super-Methode zum schnellen Charakterisieren benutze. Hier das Johnny-Cluster. Es zeigt den Unglücks-Kreislauf, in dem er gefangen ist – zu lesen gegen den Uhrzeigersinn. Und es zeigt sein heimliches Mantra.
Hier der Link zum untenstehenden Bild.

Wir alle haben bestimmte Vorstellungen über uns selbst-ich nenne sie hier mal das Ego- und die engen uns oft mehr ein, als die Zwänge, die es in der Welt da draußen gibt.
Wenn du also mal Probleme hast, mach es wie Calamity-Joe – auf keinen Fall irgendwas an Deiner Lebenspraxis ändern-niemals, denn wenn das klappt, dann kommst Du in Teufels Küche. Falls du das nicht richtig hinkriegst gibt es weiterführende Literatur.
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Die eigene Rolle als “Opfer” zu sehen ist heikel.
Da gibt es zum einen die tatsächlichen Opfer von etwas, die hart damit kämpfen, um ihr Leben in den Griff zu kriegen und die alle Möglichkeiten ausschöpfen – aber dann irgendwann völlig verzweifeln.
Dann gibt es jene, die sich darin suhlen und es vielleicht nicht einmal wissen.
Ja, es ist schwer, den “Arsch” hochzukriegen, ABER in fast allen Fällen möglich. Wie käme es denn sonst soweit, dass auch eingeschränkte Persönlichkeiten (wie Blinde oder Gelähmte) sehr wohl glücklich sind?
Wenn wir an einem Punkt stehen um die eigene Verantwortung für das Leben zu übernehmen, wird klar, wir müssen Entscheidungen treffen und die ziehen häufig Konsequenzen nach sich, die einem nicht unbedingt gefallen mögen. Nehmen wir als Beispiel den “Jarl” eines Wikingerdorfes. Er/sie fällte Urteile, weil es Teil der Aufgabe war. Die Entscheidungen sind nicht immer leicht zu treffen, viele Dinge sind zu berücksichtigen, aber wie werden die Entscheidungen gut getroffen?
Gehen wir einen Schritt zurück, sind wir bei deinem Beispiel – die Verantwortung für das eigene Leben. Viele wachsen heute im Stil von “Prinz” bzw. “Prinzessin” auf und haben es nie gelernt zu entscheiden. Leider!
Blöd für Calamity-Joe wäre dann halt, wenn das Schicksal dazu zwingt eine Entscheidung zu treffen – dann hat er wirklich ein Problem, weil er sich bislang immer davor gedrückt hat.
In diesem Sinne:
Übung macht den Meister 😉
Hallo liebe Rhiannon, ja, mit dem Rücken zur Wand zu stehen hat was für sich. Viele Handlungen kommen dadurch in Gang und vielen wäre dadurch eine Chance zu Entwicklung gegeben. Im Jarl eines Wikingerdorfes war es vielleicht einfacher, denn damals stand man mit dem Rücken sowieso nah an der Wand. Hunger, Feinde, Winterskälte, alles zwang zum Handeln und nicht oder falsch zu handeln bedeutete den Tod. Keine Aussaat-keine Ernte, keine Waffen und die Feinde oder wilde Tiere hatten einen, kein Bauholz-keine Hütte- erfrieren im Winter, Keine Kinder-verhungern im Alter. Das war eben noch übersichtlicher als heute.
Und natürlich wollte ich mich in dem Beitrag nicht über Menschen lustig machen, die wirklich zu Opfern geworden sind. Aber lustig gemacht, habe ich mich schon. Als ich schrieb, ritt mich so ein kleines Teufelchen und jeder Satz kam aus dieser Stimmung, aus Spaß an Übertreibung, Ironie und Provokation. Es war schön, auf dieser Welle zu surfen. Ich möchte aus dem Artikel auch einen Podcast machen, weiß aber noch nicht wie. – Ich werde berichten. Herzlicher Gruß vom Sinnfinder.
du machst dich nicht lustige, keine Sorge, so kommt es auch gar nicht rüber …
Ein Freund meinte zu mir mal “die Sehnsucht nach den einfacheren Zeiten” und ja – einst war das Leben vielleicht schwieriger, weil Hunger plagte, ABER die Linien waren klarer, die Strukturen einfacher und überschaubarer – vermissen wir das nicht auch?
Surf weiter auf der Welle, denn sie trägt weit
alles Liebe