Texte zu überarbeiten ist einfach. Die richtigen Arbeitsschritte in der richtigen Reihenfolge sorgen dafür, dass Du Dich dabei nicht über – arbeitest..
Für Eilige: Am Schluss gibt es alle 25 Tipps zusammengefasst als Giveaway.
An seiner Einstellung zur Überarbeitung eines Textes kann man den echten Schriftsteller vom Möchtegernautor unterscheiden.
Sol Stein; On Writing
Die richtige Reihenfolge der Arbeitsschritte ist der Schlüssel zum erfolgreichen Überarbeiten.
Wenn Du die nicht einhältst, machst Du alles doppelt und dreifach. Du landest mit Deinem Text wegen Überlastung und Selbstzweifel in der Klapsmühle. Da kannst Du dann mit all den gescheiterten Dichtern, SchülerInnen und Blogautoren über die Unbilden des Literaturbetriebs geifern. Du kannst über die Zumutungen der SEO geifern. Schließlich kannst du über die böse Welt im Allgemeinen greinen. Hier also die Arbeitsschritte um deine Texte zu überarbeiten:
1. Inhaltliche Überarbeitung
1.1 Brich alle Tabus. Schreibe, was niemand auszusprechen wagt.
Dein Buch, Aufsatz oder Blogartikel muss einzigartig und Mindblowing sein. Er muss etwas ins Licht des Bewusstseins bringen, das so noch nie jemand betrachtet hat. Etwas, das zum Wiederspruch reizt, weil es neu und überaus eigenartig ist. Versuche beim Überarbeiten des Textes nicht, die Correctness der Massenmedien nachzuahmen. Dann klingst du wie ein Schullehrer, der den Zeigestock verschluckt hat.
Bücher und Blogs werden heute vor allem nach den Regeln des Marktes geschrieben. Was sich gut verkauft, wird in „Schreibregeln“ gefasst, bloß weil etwas in der Art einmal erfolgreich war. Aber Erfolg als Maßstab ist auch der Weg in die kollektive Verblödung und Vereinheitlichung. Das ist wie wenn Du Dein Kind mit Marshmellos fütterst.-Erst mal sind alle zufrieden.
1.2 Texte überarbeiten mit einem Ziel: Klare Botschaft.
Hat der Text insgesamt eine Kernbotschaft, die Du in einem Satz zusammenfassen kannst? Stützt jedes Kapitel diese Botschaft? Mehr dazu in meinem Artikel über die Prämisse: https://schreibrausch.com/2018/12/03/kreatives-schreiben-pramisse/
1.3 Wer erzählt die Geschichte?
Nicht nur der Autor sollte zu Wort kommen, denn auch ein Sachtext lebt von seinen Protagonisten. Interviews mit Betroffenen oder Experten, Zitate, Zeugenaussagen und Zeitungsberichte, machen den Text lebendig und authentisch. du kannst sie übrigens einfach erfinden. Das nennt man dann Storytelling.
1.4 Texte überarbeiten bedeutet auch, den Protagonisten zu charakterisieren.
Menschen interessieren sich für Menschen. Es lohnt sich, sie durch wenige aber treffende Merkmale zu charakterisieren. Der Leser wird sie dann mögen oder nicht mögen aber er steht ihnen nicht mehr gleichgültig gegenüber. Und nur deshalb interessiert ihn, was sie tun und sagen. Meinen kleinen ironischen Exkurs zum Charakterisieren findest Du hier:
Nehmen wir an, Du schreibst über Rauschgift-und Menschenhandel. Das Thema kann man natürlich mit Zahlen, Daten und Fakten abhandeln, aber freiwillig liest das keiner. Wenn Du Dich Texter, Blogger oder Schriftsteller nennst, musst du schon etwas mehr tun. Es sei denn, Du arbeitest gerade an der Steuererklärung.
Damit es authentisch, spannend und hoch emotional wird, lässt Du zum Beispiel eine Protagonistin sprechen. Nennen wir sie Julia S. (Name geändert.) Sie war lange Zeit drogensüchtig und in dem Milieu unterwegs. Und bevor Du von Ihren Aktivitäten berichtest, muss der Leser eine Chance erhalten, sich ein Bild von Ihr zu machen.
Wie sieht sie aus? Wie ist sie in die Situation geraten? Was ist ihre Sehnsucht? Nur wenn der Leser das weiß, kann er mit fühlen. Mehr zum Charakterisieren:
Denk dran: Auch Sachtexte müssen Gefühle ansprechen.
denn sonst liest sie niemand
1.5 Texte überarbeiten um Konsistenz zu erzeugen.
Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, nichts hindert mich, weiser zu werden.
Konrad Adenauer
Konsistenz ist Widerspruchsfreiheit, mit anderen Worten etwas, dass es nicht gibt. Die Welt ändert sich dauernd und stellt sich aus jedem Blickwinkel anders dar. Und wenn wir noch nicht ganz verkalkt sind, ändern auch wir uns dauernd. Dies zu akzeptieren ist jedoch schwer. Sich also auf die Tatsache einzulassen, dass eine Aussage ebenso richtig sein kann wie ihr Gegenteil, ist ebenfalls schwer. Schau Dir also Deinen Text an und erkläre dem Leser die scheinbaren Widersprüche.
1.6 Beispiele veranschaulichen Abstraktionen.
Was bedeuten Deine kühnen Thesen für das richtige Leben? Welche Folgen haben sie? Auch in Sachbüchern ist es oft besser, etwas zu zeigen, als es nur zu sagen. Die zerschundenen Hände des Wanderarbeiters. Der röchelnde Atem aus der Staublunge des Minenarbeiters. Die Wolke aus Bleu de Chanel in einer Gruppe Chinesinnen im Aufzug zum Eifelturm. Die Luxuskarossen, die mit laufendem Motor auf sie warten. Das bewegt Menschen mehr. Es bewegt Menschen mehr als abstrakte Begriffe von Reichtum und Armut. Das Motto: Zeigen statt sagen.
1.6 Aufteilung des Buches oder Blogtextes in Kapitel, Überschriften und Unterpunkte.
Als guter Texter hast Du mit einer Gliederung angefangen aber vielleicht sind die Unterpunkte unterschiedlich in der Länge ausgefallen. Teile beim Überarbeiten den Text in etwa gleich lange Kapitel und Zwischenüberschriften und schreibe ein Inhaltsverzeichnis. Die Seitenzahlen kommen erst ganz zum Schluss, also nach dem Formatieren rein, denn sonst machst Du alles doppelt.
1.7 Schreiben um gefunden zu werden. Verkauft Euch an die Suchmaschinen!
Both Mother and Daughter, workin‘ for the Yankee Dollar… It’s a fact, man, it’s a fact.
The Andrew Sisters, „Rum and Coca-Cola“
SEO: Friss, Vogel oder stirb.
1.8 Service Engine Optimization. Schreiben für den Algorithmus.
Früher gab es Zensoren die entschieden, was an die Öffentlichkeit gelangen durfte. Heute entscheiden das die Suchmaschinen. Zum Glück haben die jedoch noch keine Meinungen. Sie haben auch keine Weltanschauungen außer dass sie bestimmte „anstößige“ Wörter indizieren. Diese Wörter nenne ich hier nicht, weil mein Artikel dann nicht mehr gefunden wird. Sie wollen nur ihren Nutzern bei der Suche helfen. Hier geht es um Service Engine Optimization. Das sind Maßnahmen, um die Sichtbarkeit einer Website und deren Inhalte für Benutzer einer Suchmaschine zu erhöhen. Auf gut Deutsch: Schreibstil nach den Algorithmen der Suchmaschinen,-eine Zumutung, schließlich sind wir Künstler. Aus dem kryptischen Geschwätz der SEO-Experten, die Dir für Tausende von Euro Ihre Seminare andrehen wollen, habe ich allgemein verständliche Sätze extrahiert:
- Mit welchen Suchbegriffen soll dein Sachtext oder Buch gefunden werden? Diese Frage kannst du gut beantworten, wenn du über Deine Kernbotschaft und Deine Zielgruppe nachgedacht hast. Um dies zu kontrollieren, gib die Suchbegriffe in eine Suchmaschine ein. Landest Du auf Seiten, die sich mit genau deinem Thema befassen? – Bingo.
- Diese Suchbegriffe müssen immer wieder erscheinen. In der URL, der Verschlagwortung, dem Titel der Seite, den Überschriften und Unterüberschriften, im Text und der Bezeichnung der Bilder. Suchmaschinen sind dumme und misstrauische Wesen. Sie möchten sicher gehen, dass in deinem Text das steckt, was der Benutzer mit den Suchbegriffen sucht. Wenn der Benutzer „Buch schreiben“ eingibt, dann muss er eine Seite finden, die ihm dabei hilft.
- Suchmaschinen lieben alles, was einen Text abwechslungsreich und gut lesbar macht. Das schließt Bilder, Videos und Formatierungselemente wie Grafiken, Aufzählungen, Tabellen und immer wieder Zwischenüberschriften ein. Sie könnten sich nicht vorstellen, dass es noch Leute gibt. Einige möchten mehrere Seiten hintereinander lesen, ohne sich von all den Mätzchen ablenken zu lassen. -Und immer schön die Suchwörter anbringen. Für meine Seite: Kreatives Schreiben, Schriftsteller, Blogger, Texter und Buch schreiben. Das sind die Suchbegriffe, für die ich gefunden werden muss.
- Links, die von Deiner Seite weg auf andere Beiträge von Dir führen, werden von Suchmaschinen honoriert. Auch Links, die auf fremde Seiten führen, werden von Suchmaschinen honoriert. Außerdem werden Links, die von viel besuchten fremden Seiten auf deine Seite führen, von Suchmaschinen honoriert.
2. Schreibstil
- Finde Synonyme für Wörter, die sich oft wiederholen.
- Schreibe für Deine Zielgruppe. Wenn das zum Beispiel Yogafreunde sind, bestelle Dir deren Newsletter. So lernst Du den amüsanten Sanskrit-Kauderwelsch, mit dem dort Zugehörigkeit, Sachkenntnis und tiefe Erfahrung belegt werden soll. https://www.yoga-vidya.de/
- Treffende Verben statt Substantive
- Aktiv statt passiv
- Keine Schachtelsätze (Ich persönlich liebe sie, weil sie mich in die Konzentration bringen)
- Sprich alle Sinne an. Wie riecht es, was sieht, schmeckt, hört oder ertastet man. Welche Körperempfindungen werden ausgelöst.
3. Rechtschreibung
Ich empfehle die Prüfung durch das Textverarbeitungsprogramm und danach wegen der praktischen Synonym-Funktion das Duden-Tool.
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4. Formatierung
- Wichtig ist, von vornherein auf Normseiten zu schreiben. Du kannst sie aus dem Netz herunterladen.
- Jede Szene oder jeder inhaltlich zusammengehörige Abschnitt beginnt und endet mit einer Leerzeile.
- Neue Absätze beginnen mit einer Einrückung
- Wörtliche Rede beginnt und endet mit einem neuen Absatz. Ausnahme sind Satzteile, die verdeutlichen, wer gesprochen hat wie z.B. „sagte sie“. Die stehen in einer Zeile mit der wörtlichen Rede.
- Die Fußzeile trägt die Seitennummer und bei einem Buchmanuskript dass Du einreichst, den Titel sowie Name und Mailadresse des Autors.
5. Testleser und Lektoren
Für ein professionelles Buchlektorat werden schnell mal hohe dreistellige oder vierstellige Beträge fällig. Menschen, die sich das nicht leisten können, von Veröffentlichungen auszuschließen, fände ich falsch. Möglicherweise haben sie etwas zu erzählen, von dem unsere Großschriftsteller in ihren Elfenbeintürmen keine Ahnung haben. Mich zum Beispiel würde sehr interessieren, was eine Kassiererin den Tag über erlebt. Es würde mich auch interessieren, was eine alleinerziehende Mutter auf Hartz IV erlebt. Oder was ein Arbeiter im Steinbruch erlebt. Auch wenn die letzten Feinheiten der Kommasetzung fehlen.-Die kenne ich ja selbst nicht. Wenn du dir kein Lektorat leisten kannst, mach es mit Hilfe von Freunden so gut es geht. Kleine Fehler stören keinen großen Geist.
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Texte überarbeiten: Das Wichtigste zum Schluss:
Wenn du nicht von Dingen tief in Deinem Herzen schreibst, welchen Sinn hat es dann all die großen Worte zu machen?
Ryokan
Herzlichst, D.H. Ludwig, der Sinnfinder von Schreibrausch.
Ich schreibe für Sinnsucher, Schriftsteller, Blogger und Texter, gebe Kurse in Kreativem Schreiben und Webpublishing. Die Themen reichen von der Charakterisierung über Dialoge, Plotten und Überarbeiten bis zu Hilfestellung bei Veröffentlichung, Web-Publishing und SEO. Weiter beschäftigt mich, was das Schreiben mit uns macht, wie es zur Entwicklung beiträgt, wie es unser Leben mit Sinn erfüllen kann. Humor kommt dabei nicht zu kurz. Über Deine Fragen, Nachrichten und Kommentare freue ich mich.
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Erfahrungen mit Liebscher und Bracht Das schreibt die Presse
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