Sara von Zartfühlen über Therapeutisches Schreiben

Die Schriftstellerin und Autorin betreibt selbst einen Blog (Zartfuehlen) und schreibt über Themen wie Achtsamkeit, Selbstfürsorge und seelische Gesundheit in Verbindung mit Hochsensibilität, und Introversion. Dazu gehört thematisch auch Therapeutisches Schreiben.

Therapeutisches Schreiben – heilsam für Körper und Seele

Schreiben gilt als ein wirksames Mittel, um Krisen zu bewältigen und Krankheiten zu überwinden. Beim Schreiben können wir alle Gefühle und Gedanken zu Papier bringen, völlig ungeschönt. Zahlreiche wissenschaftliche Studien über Poesie- und Schreibtherapie belegen die heilende Wirkung des Schreibens.

Das Schreiben erlaubt es uns, einen Überblick über unsere Gefühls- und Gedankenwelt zu gewinnen. Worte, von denen wir nicht wagen sie auszusprechen und auch Worte, die wir mündlich nicht erfassen können, nehmen auf dem Papier eine Form an. Schmerzende Gefühle oder Gedanken, die uns wütend werden lassen, ebenso wie freudige Emotionen, sie alle bekommen Raum. Jedes Wort und jeder Satz dürfen sein, dem Papier können wir uns anvertrauen.

Schreibtherapie – wie funktioniert sie?

Bringen wir unsere Gedanken und Gefühle authentisch zu Papier, können wir Abstand gewinnen von überwältigenden Ereignissen. Das Schreiben hilft uns dabei, die Dinge aus einer gewissen Distanz zu betrachten. Somit gewinnen wir Klarheit über unsere eigenen Wünsche, Ängste, Bedürfnisse und Träume.

Beim therapeutischen Schreiben geht es also nicht darum, besonders schön zu schreiben oder auf eine korrekte Rechtschreibung und Zeichensetzung zu achten. Es geht vielmehr darum, dass der Schreiber seine Gedanken und Gefühle frei fließen lässt. Ebenso ist der Schreibstil nicht vordergründig wichtig, beim therapeutischen Schreiben muss also keine bestimmte Form eingehalten werden. Schreibtherapie dient ebenfalls nicht dazu, jemanden etwas zu beweisen oder zu gefallen. Dies würde wohl auch eher das Gegenteil des gewünschten Effektes bewirken, da sich der Schreiber dann unter Druck setzt. Gerade diese Freiheit, das schreiben zu dürfen, was man möchte und wie man es möchte, wirkt so förderlich und heilsam.

Was bewirkt Schreibtherapie?

Schreiben lässt uns resilienter werden. Zunächst werden beim Aufschreiben zwar die Gefühle erneut durchlebt und das kann schmerzhaft oder emotional aufwühlend sein, doch langfristig verbessert sich unsere seelische Widerstandskraft. Schreibtherapie kann uns unterstützen, wenn wir eine wichtige Entscheidung treffen müssen. Das Schreiben hilft uns, die Kontrolle über die Situation zu behalten und durch unsere Reflexion können wir Geschehnisse besser abschließen.

Im Einzelnen lassen sich durch therapeutisches Schreiben insbesondere folgende Wirkungen erzielen:

  • Verbesserung der eigenen Kreativität
  • Verbesserte Stressbewältigung
  • belastende Erfahrungen können leichter verarbeitet werden
  • Stärkung der Kommunikationsfähigkeit
  • persönliche Weiterentwicklung

Schreiben als Therapiemethode

Schreibtherapie kann von professionellen Poesietherapeuten, Psychotherapeuten oder Ärzten durchgeführt werden. Sie eignet sich gut als ergänzende Therapie, ob sie andere Therapien ersetzen kann, sollte jedoch individuell geklärt werden. Therapeutisches Schreiben hat sich vor allem in folgenden Situationen als wirksam erwiesen:

  • psychische Krisen und Erkrankungen, z.B. Sucht, Angst
  • körperliche, chronische Krankheiten
  • Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
  • Trauer, Trauerbegleitung, Abschied

In vielen Ländern gilt therapeutisches Schreiben aufgrund der heilsamen Wirkungen längst als eine anerkannte Therapiemethode, ähnlich wie andere Kunsttherapien, zum Beispiel Musiktherapie. Die Methode kann sowohl in der Gruppe als auch im Einzelsetting erfolgen. In Deutschland wird die Schreibtherapie allerdings leider noch nicht von den Krankenkassen anerkannt. Dabei gibt es längst zahlreiche Wirksamkeitsnachweise und etwa 200 Studien bestätigen die heilende Wirkung von Poesie- und Schreibtherapie. Hierzulande gibt es zudem keine klassische Ausbildung zum Schreibtherapeuten, es ist jedoch möglich eine Weiterbildung für Poesie- und Bibliotherapie zu absolvieren. Insbesondere für Angehörige medizinischer Berufe, Psychotherapeuten, Schriftsteller und Verleger dürfte diese Qualifikation interessant sein.

Welche Methoden des therapeutischen Schreibens gibt es?

Zunächst sei gesagt, dass therapeutisches Schreiben vielseitig ist. Es gibt daher nicht nur eine einzige Methode und einige Vorgehensweisen überschneiden sich oder werden synonym genannt. Bekannte Methoden des therapeutischen Schreibens sind unter anderem Poesie-Therapie, Bibliotherapie und Expressives Schreiben.

  • Expressives Schreiben

James W. Pennebaker, Professor der Psychologie entwickelte bereits in den 1980er Jahren das „expressive writing“ (Expressive Schreiben). Aufgrund seiner Forschungen fand Pennebaker heraus, dass Schreiben hilft schwierige Erlebnisse besser zu verarbeiten und positive Wirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit hat. Bereits 15 Minuten therapeutisches Schreiben am Tag, sollen nach Pennebaker schon zu einer deutlichen Besserung beitragen.

Hierfür sollte sich der Schreiber einen ruhigen Ort suchen und sich die Zeit nehmen, alle Gefühle und Gedanken im Zusammenhang mit dem belastenden Ereignis aufzuschreiben. Es ist wichtig, dabei alle Erwartungen loszulassen und den Gedanken und Gefühlen freien Lauf zu lassen. Pennebaker empfiehlt diese Übung mindestens eine Woche lang für täglich 15 Minuten durchzuführen. Durch das therapeutische Schreiben können körperliche und seelische Anspannungen nachlassen und helfen, Ruhe zu finden.

  • Poesie-Therapie

Bekannt wurde die Poesie- und Bibliotherapie in Deutschland durch die Psychotherapeutin Ilse Orth. Die sogenannte poetry therapy ist ein Zusammenschluss aus Biblio- und Schreibtherapie, denn sowohl das Schreiben als auch das Lesen bestimmter Literatur gilt als therapeutisch wirksam und heilsam. Poesie-Therapie soll es ermöglichen, dem Unaussprechlichen Ausdruck zu verleihen. Ziel der Methode ist es, emotionale Blockaden zu lösen, belastende Ereignisse zu verarbeiten, aber auch die Kreativität zu fördern und die persönliche Entwicklung zu unterstützen. Das Schreiben und Lesen ermöglicht einen anderen Zugang zu Erlebnissen, es hilft, den Blickwinkel zu wechseln und den eigenen Horizont zu erweitern. Poesie-Therapie kommt auch im klinischen Bereich zum Einsatz, zum Beispiel bei chronischer Krankheit. Doch das Schreiben und Lesen dient ebenso der Selbsterkenntnis und bewahrt vor dem Vergessen wichtiger Erinnerungen und Erlebnisse.

  • Bibliotherapie

Bei der Bibliotherapie geht es um die heilende Wirkung des Lesens, denn auch das Lesen von Texten anderer Autoren kann hilfreich sein. Gelesen werden können mitunter poetische Texte aber auch andere Literatur-Genre, zum Beispiel Drama oder Epik, ebenso wie biographische oder fachbezogene Bücher. Bestimmte Ratgeber können dabei unterstützen, eigene Verhaltensmuster zu überdenken und zu verändern. Emotionale Belastungen und Erlebnisse können durch Lesen abgemildert und verarbeitet werden. Neben der heilenden Wirkung dient Bibliotherapie jedoch auch dem persönlichen Wachstum, der Selbstreflexion und der inneren Stärkung.

Tagebuchschreiben für die Seele

Therapeutisches Schreiben wenden viele Menschen übrigens bereits ganz unbewusst an, denn sie schreiben regelmäßig Tagebuch. Beim Tagebuchschreiben oder Journaling können Sorgen und Ängste notiert und Gefühle geordnet werden. Doch das Schreiben kann auch bei Entscheidungsfindungen helfen und dabei unterstützen, bestehende Probleme zu lösen. Nicht ohne Grund spricht man deshalb auch von einer Art Eigentherapie durch Tagebuchschreiben. Dabei liegt der Fokus nicht ausschließlich auf dem Erlebnis an sich, stattdessen geht es um die Empfindungen, und Gedanken hierzu. Durch das Schreiben eines Journals oder Tagebuches lässt sich zudem herausfinden, welche Erwartungen man an das eigene Leben hat, welche Wünsche man wirklich hegt und welche Ziele man erreichen möchte.


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Vielen herzlichen Dank an Sarah. Sie schreibt kompetent über einen wichtigen des Bereich des Kreativen Schreibens und ich freue mich, Euch dieses Thema zu bieten. Es ist für Schriftsteller, Blogger und Texter wichtig zu wissen, was schreiben auch mit Ihnen selbst machen kann. Es bringt, wie ich meine, Bewusstheit und die ist oft Anfang und Voraussetzung guter Entwicklungen. Über weitere Gastbeiträge würde ich mich freuen!


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Herzlichst, D.H. Ludwig, der Sinnfinder von Schreibrausch.

Ich schreibe für Sinnsucher, Schriftsteller, Blogger und Texter, gebe Kurse in Kreativem Schreiben und Webpublishing. Die Themen reichen von der Charakterisierung über Dialoge, Plotten und Überarbeiten bis zu Hilfestellung bei Veröffentlichung, Web-Publishing und SEO. Weiter beschäftigt mich, was das Schreiben mit uns macht, wie es zur Entwicklung beiträgt, wie es unser Leben mit Sinn erfüllen kann. Humor kommt dabei nicht zu kurz. Über Deine Fragen, Nachrichten und Kommentare freue ich mich.

Mein Buch ‘Mehr als Twittern’ erscheint bald.

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2 Kommentare zu „Sara von Zartfühlen über Therapeutisches Schreiben

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